„Backe, backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen.“
Dieses alte deutsche Kinderlied (Ursprung ca. 1840) ist wohlbekannt. So auch die Zeile: „Safran macht den Kuchen gehl!“. Doch was bedeutet diese genau?
Es gibt unterschiedliche Interpretationen. Viele Menschen sind der Ansicht, dass das Wort „gehl“ nichts Anderes als „gelb“ bedeutet.
„Safran macht den Kuchen gehl“ bedeutet also „Safran macht den Kuchen gelb“.
Es wird dabei vom Wortstamm und vom Wortgebrauch ausgegangen. „Gehl“, „geel“ oder „gel“ bedeutet in verschiedenen Sprachen und Dialekten eben gelb, wie im Mittelhochdeutschen, im Niederländischen oder in vielen anderen regionalen deutschen Dialekten. So wird beispielsweise in Teilen der Schweiz „gääl“ oder „gäub“ statt gelb gesprochen und auch Familiennamen wie Geelhaar oder Gehlhaar haben dort Verbreitung.
Eine andere Interpretation geht davon aus, dass „gehl“ oder „gel“ für „geschmeidig locker“ oder „glatt“ stehen könnte. Demzufolge hätte die Verwendung von Safran beim Kuchenbacken eine dementsprechende Wirkung auf die Konsistenz des Gebäcks. Dies ist jedoch aufgrund der geringen Menge, die einem Kuchenteig hinzugefügt werden würde, sehr unwahrscheinlich. Es gibt auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Safran einen Inhaltsstoff bestätigen, der ein solches Ergebnis herbeiführt.
Im Vergleich scheint also die erste Variante, Safran macht den Kuchen gelb, einleuchtender. Safran enthält den intensiven Farbstoff Crocetin. Dieser hat eine stark färbende Wirkung, für die Safran ja auch bekannt ist. So kann durch die Verwendung von dem edlen Gewürz bestimmten Speisen wie beispielsweise Risotto, Bouillabaisse oder Paella neben einem spannenden Aroma auch ein schöner, satter Gelbton verliehen werden. Dies gilt natürlich auch für Kuchen, der so eine goldgelbe Färbung erhält und ansprechender wirkt. Die unübliche Verwendung des Wortes „gehl“ bei dem Kinderlied könnte einfach dem geschuldet sein, dass sich „gehl“ besser auf „Mehl“ reimt als „gelb“.
Backe, backe Kuchen,
Der Bäcker hat gerufen.
Wer will guten Kuchen backen,
der muss haben sieben Sachen,
Eier und Schmalz,
Zucker und Salz,
Milch und Mehl,
Safran macht den Kuchen gehl!
Schieb, schieb in’n Ofen ’nein.
Übrigens: In alten Tagen riefen die Bäcker nach dem Brotbacken mit einem Horn nach den Frauen des Dorfes, um ihnen anzuzeigen, dass die Restwärme des Ofens nun dafür genutzt werden konnte, um Kuchen zu backen – so wurde es zumindest überliefert. Ob dabei auch das Lied geträllert wurde?
Warum färbt Safran so stark?
Oder: Warum macht Safran den Kuchen „gehl“?
Als Safran werden die roten Narbenschenkel („Fäden“) des violetten Safrankrokusses (Crocus sativus) bezeichnet. In ihnen steckt auch der gelb färbende Farbstoff. Die Narben enthalten das Glykosid Protocrocin. Dieses zerfällt beim Lagern in den Farbstoff Crocin und den Bitterstoff Pikrocrocin, was dem Safran seine typische Färbekraft und den einzigarten Geschmack verleiht. Diese Stoffe bestimmen letztendlich auch die Qualität des Safrans – je besser diese ist, desto höher sind die Anteile an Farb- und Bitterstoffen. Achten Sie beim Safrankauf also besonders auf hohe Crocin- und Pikrocrocinwerte. Safran der Kategorie I der ISO-Norm weist immer hohe Werte diesbezüglich aus und hat demnach auch eine hohe Qualität.
Neben dem gewünschten gelben bis orangeroten Färbeeffekt bei der Verwendung in der Küche, ist Safran auch eines der ältesten bekannten Farbstoffe für Textilien. Schon im alten Ägypten färbte man Stoffe damit, wie die in Gräbern gefundenen safrangefärbten Mumienbinden belegen. Bereits im zweiten Jahrtausend vor Christus wurde Safran auf einer in Keilschrift geschriebenen akkadischen Tontafel erwähnt. Auch bei den Frauen im antiken Griechenland waren mit Safran gefärbte Gewänder sehr begehrt. In China galt so eine gelbgefärbte Kleidung als wichtiges Status- und Machtsymbol und die Farbe Gelb verkörperte überdies Glückseligkeit, Ruhm und Weisheit. Der Safrankrokus kam aus dem Orient über die Griechen bis hin zu den Römern, sodass sogar der römische Kaiser angeblich die begehrten Fäden als Badezusatz verwendete und im Theater die Sitze der gehobenen Gesellschaft mit Safranwein besprenkelt wurden. Auch auf den berühmten römischen Wandmalereien in Pompeji lässt sich Safran in den gelben Farbpigmenten nachweisen. Darüber hinaus diente Safran als Farbzusatz bei Parfüms, Haarwässern und Likören. Zudem gelten die wertvollen Fäden in der Medizin als Heilpflanze und werden beispielsweise zur Stimmungsaufhellung, Kreislaufanregung oder Entzündungshemmer eingesetzt. Auch eine Wirkung als Aphrodisiakum wird Safran nachgesagt.
Auch heute noch werden Stoffe mit Safran gefärbt. Da dieser wasserlöslich ist, lässt sich durch eine einfache Farbstoff-Lösung Wolle, Seide und Baumwolle direkt färben. Dazu weicht man zunächst 2,5g Safranfäden in 300ml kaltes Wasser über Nacht ein, kocht das Ganze am nächsten Tag auf, lässt es auf 40°C abkühlen, legt dann den zu färbenden Stoff hinein und erwärmt dann auf 80°C. Nach 30 Minuten erhält man eine schöne Färbung.